Sekundarstufe II
„climate justice“ – Klimagerechtigkeit ist spätestens seit dem kraftvollen Auftreten der Bewegung „Fridays for future“ in aller Munde. Im Kontext des konziliaren Prozess für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung, zu dem der Ökumenische Rat der Kirchen auf seiner Generalversammlung 1983 aufgerufen hat, beschäftigen sich Kirchen auf der gesamten Welt seitdem daher auch mit Fragen des Zusammenhangs von Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung. Die Auseinandersetzung war im Kontext der Bewahrung der Schöpfung zunächst vor allem bestimmt von Fragen der Umweltverschmutzung und Naturzerstörung, im Zusammenhang der Gerechtigkeit in erster Linie von der Frage der sozialen Gerechtigkeit angesichts von Hunger und wirtschaftlicher Asymmetrien zwischen globalem Norden und Süden. Seitdem der menschengemachte Klimawandel stärker ins Bewusstsein gerückt ist und erste gravierende Folgen für Menschen im globalen Süden und zunehmend auch im globalen Norden spürbar werden, ist auch der Zusammenhang von Fragen der weltweiten Gerechtigkeit und der klimatischen Veränderungen deutlich und wird unter dem Begriff „Klimagerechtigkeit“ thematisiert.
Klimagerechtigkeit ist – wie der konziliare Prozess zeigt – nicht nur in gesellschaftswissenschaftlich geprägten Schulfächern zu thematisierten, sondern auch im Religionsunterricht. Denn sowohl im christlich-konfessionell geprägten Religionsunterricht als auch jüdischen oder muslimischen Religionsunterricht sind Fragen von Gerechtigkeit und Frieden, ebenso wie ein verantwortungsvoller Umgang mit Gottes Schöpfung Grundbestand der curricularen Vorgaben.
Das vorliegende Unterrichtsvorhaben orientiert sich am Dreischritt „ Erkennen – Begreifen – Handeln“ und nimmt somit in den Blick, dass Erkenntnisse zunächst einmal gewonnen werden müssen, dann aber auch in die Praxis umzusetzen sind. Als Unterrichtsvorhaben für den christlichen Religionsunterricht wird zunächst mit einem biblischen Bezug/Befund gearbeitet. Die Schüler:innen vertiefen ihr Wissen über biblische Propheten und erschließen sich die Begriffe Recht und Gerechtigkeit (vor allem im Ersten Testament). Sodann lernen sie Bedeutung von Wasser in biblischer Perspektive kennen, verbinden es mit ihrem Wissen über Wasser und Wasservorkommen. Anhand von Materialen von Brot für die Welt lernen die Schüler:innen die problematische Situation des vom Klimawandel besonders betroffenen Bangladesh kennen und setzen sich mit der von der aus Bangladesh stammenden Rechtsanwältin Yi Yi Prue vor dem Bundesverfassungsgericht eingebrachten Klimaklage auseinander. Außerdem lernen sie das Konzept des „Handabdrucks“ als Alternative zum bekannten „ökologischen Fußabdruck“ und die Unterschiede zwischen beiden Konzepten kennen. Im letzten Schritt „Handeln“ erarbeiten die Schüler:innen praktische Anregungen für mehr Klimagerechtigkeit in ihrem Alltag in Schule und Gesellschaft. Das geschieht durch ein Planspiel zur Frage, wie eine die Ressource Wasser schonende Schule auf den Weg gebracht werden kann, bzw. als Alternative durch ein Rollenspiel, bei dem es um die Abwägung zwischen klima- und sozialverträglicher Erschließung eines Baugebietes geht, das teilweise in kirchlichem Besitz ist.