Perspektive von Brighton Katabaro aus Tansania
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Arbeitsaufgaben
- Was ist für den Autor das eigentliche Wunder in der Erzählung?
- Welche Rolle spielt im Text die Sorge für die Menschen?
- Wie wichtig ist der Aspekt des Teilens?
Arbeitsmaterial
Bedeutung in unterschiedlichen Situationen
Die biblische Erzählung über die Speisung von 5.000 Menschen durch Jesus mit fünf Broten und zwei Fischen (Matthäus 14:13-21, Markus 6:30-44) kann je nach den Umständen und Perspektiven derjenigen, die ihr begegnen, unterschiedlich interpretiert werden.
In einigen Kontexten wird diese Erzählung einfach als Geschichte betrachtet, die Jesus als eine mitfühlende Figur darstellt. Jesus, bewegt von Mitgefühl für die Menge, die den ganzen Tag ohne Essen bei ihnen gewesen war, gab ihnen etwas zu essen. Zunächst schlugen die Jünger vor, die Leute wegzuschicken, damit sie in die Dörfer gehen und sich selbst etwas zu essen kaufen könnten. Jesus jedoch weist seine Jünger an, das wenige Essen, das sie haben, zu finden und mit der Menge zu teilen. Er vermehrt es auf wunderbare Weise, um die gesamte Menge zu sättigen, wobei am Ende zwölf Körbe mit Resten eingesammelt werden.
Diese Interpretation betrachtet das Wunder eher als symbolischen Akt denn als eine reale Möglichkeit im Alltag. Sie legt besonderen Wert auf die Bedeutung von Empathie und die Bereitschaft, Ressourcen zu teilen, egal wie knapp sie sein mögen. Diese Lehre ermutigt die Anhänger Jesu, seinem Mitgefühl nachzueifern, indem sie das, was sie haben, liebevoll teilen, damit niemand hungern muss.
In Situationen, in denen Menschen schweren Hunger und Nahrungsmittelunsicherheit erleben, gewinnt diese Erzählung jedoch eine noch größere Bedeutung. Für diejenigen, die täglich um ihre nächste Mahlzeit kämpfen müssen, wird die Geschichte zu einem aufrichtigen Sehnen nach einem konkreten Wunder – echtem Essen, das ihr Leben und das ihrer Familien erhält. Diese Sichtweise verdeutlicht die harte Realität, dass Millionen Menschen weltweit unter Hunger und Mangelernährung leiden, obwohl global gesehen genug Nahrung vorhanden ist.
Menschen in solchen schwierigen Umständen suchen bei Jesus nicht nur geistlichen Trost, sondern auch praktische Versorgung. Denjenigen, die physisch hungern, nur über geistliche Nahrung zu predigen, ohne ihre unmittelbare Not zu lindern, kann sich abgehoben und unzureichend anfühlen. Dies unterstreicht die tiefe Kluft zwischen denen, die im Überfluss leben, und denen, die grundlegende Notwendigkeiten wie Nahrung dringend benötigen, und offenbart die harten Realitäten von Armut und Ungleichheit.
Ähnlich verhält es sich mit der Bitte im Vaterunser: „Unser tägliches Brot gib uns heute.“ Je nach den eigenen Umständen erhält sie eine unterschiedliche Bedeutung. In Regionen, die von Hungersnöten oder Nahrungsunsicherheit bedroht sind, hat sie ein größeres Gewicht als in Gebieten des Überflusses. Diese Bitte spiegelt den täglichen Kampf von Einzelpersonen und Familien wider, die sich um die Befriedigung ihrer grundlegendsten Bedürfnisse sorgen, und verdeutlicht die ungleiche Verteilung von Ressourcen weltweit.
Die Handlungen Jesu bei der Speisung der Menge dienen als Aufruf an alle Menschen, sich für Ernährungssicherheit und soziale Gerechtigkeit einzusetzen. Sie fordern uns heraus, gegen Armut, Hunger und die Ungerechtigkeiten zu kämpfen, die die menschliche Würde herabsetzen. Trotz der ausreichenden Nahrung, um alle zu ernähren, perpetuieren Faktoren wie Gier, Konflikte und Umweltzerstörung Nahrungsmangel und Ungleichheiten global.
Das Verständnis und die Anwendung der Lehren aus dieser biblischen Erzählung erfordern daher sowohl geistige Reflexion als auch praktisches Engagement. Sie fordern uns auf, unsere Ressourcen weise, mitfühlend und gerecht einzusetzen, um Leid zu lindern und sicherzustellen, dass jeder Zugang zu ausreichender Nahrung hat.
Auf diese Weise verkörpern wir die Prinzipien des Mitgefühls und der Gerechtigkeit, die Jesus vorgelebt hat, und arbeiten gemeinsam auf eine Welt hin, in der Hunger und Mangel beseitigt sind.
Rev. Dr. Brighton Katabaro Head of StudiesAcademy of Mission at the University of Hamburg, Deutschland