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Arbeitsaufgaben

  1. Recherchieren Sie zur Frage der Klimagerechtigkeit und Bangladesch. Sie finden dazu im Internet vielfältige Zugänge, z.B. in Projektmaterialien der kirchlichen Hilfswerke „Brot für die Welt“ und „Misereor“, aber auch beim Deutschen Bundestag. Fassen Sie die Auswirkungen des Klimawandels in Bangladesch kurz zusammen und bewerten Sie anhand (mindestens) eines konkreten Beispiels den Versuch, dem menschengemachten Klimawandel Rechnung zu tragen.
  2. Sehen Sie sich das Video (https://www.youtube.com/watch?v=sH-oYW_2kOk) mit dem Auftritt der Menschenrechtsanwältin Yi Yi Prue bei fridays-for-future Berlin an. (Falls es Ihnen schwer fällt dem englischen Text zu folgen, blenden Sie die deutschen Untertitel ein.)
  3. Nach der Lektüre des Textes über die Klimaklage vor dem Bundesverfassungsgericht:
           a) Beschreiben Sie den ersten Eindruck nach dem Lesen mit einem Satz.
           b) Visualisieren Sie Yi Yi Prues Prozess vom Erleben des Klimawandels in Bangladesch bis     
                zum Urteil des Verfassungsgerichtes in Deutschland.
           c) Erörtern Sie Konsequenzen aus dem Urteil des Verfassungsgerichtes für das Leben in
               Deutschland (und in Bangladesch).

„Mein Name ist Yi Yi Prue, ich bin Rechtsanwältin und wurde in einer Stadt im Südosten von Bangladesch geboren. Das Gebiet, aus dem ich komme, heißt Chittagong Hill Tracts. Es ist ein hügeliges Gebiet nahe der Grenze zwischen Bangladesch und Myanmar. Es gibt viele indigene Gemeinschaften in Bangladesch, und viele von ihnen stammen aus den Chittagong Hill Tracts. Ich gehöre der indigenen Gemeinschaft der Marma an, einer ethnischen Gruppe mit etwa 210.000 Menschen, die hauptsächlich in den Chittagong Hill Tracts leben.

Bangladesch taucht in den Nachrichten, auch in Ländern wie Deutschland, oft mit Bildern von Naturkatastrophen wie Überschwemmungen und Erdrutschen auf. Als ich aufwuchs, erlebte ich diese Katastrophen aus erster Hand und sah, wie Menschen ihre Häuser durch Erdrutsche verloren. Dies waren die Folgen der Umweltzerstörung und des Klimawandels, die zwar von anderen verursacht wurden, aber meine Gemeinde direkt betrafen. Das zeigt, wie ungerecht die Klimakrise ist: Diejenigen, die vom Klimawandel betroffen sind, sind nicht für ihn verantwortlich. Und diejenigen, die dafür verantwortlich sind, leiden und sehen die Folgen nicht so wie wir. Das ist Klimaungerechtigkeit.

In 2017, a strong monsoon caused extreme landslides in my district and others. More than 100 people lost their lives. I visited the victims of this disaster and wrote a report about the landslide and its effects. With this report, I contacted organisations and lawyers in various countries. I received a reply from Dr Remo Klinger, a human rights lawyer from Germany. Together, we started working on a complaint to the Constitutional Court in September 2019 and received support from Deutsche Umwelthilfe, an organisation with a lot of experience with climate and environmental complaints. As a lawyer myself, I know how important laws are. They can be a powerful driving force for change, because law can mean justice. In our case, we were concerned with climate justice.

So verursachte 2017 ein starker Monsun extreme Erdrutsche in meinem und anderen Bezirken. Mehr als 100 Menschen kamen dabei ums Leben. Ich besuchte die Opfer dieser Katastrophe und schrieb einen Bericht über den Erdrutsch und seine Auswirkungen. Mit diesem Bericht nahm ich Kontakt zu Organisationen und Anwalt:innen in verschiedenen Ländern auf. Ich erhielt eine Antwort von Dr. Remo Klinger, einem Menschenrechtsanwalt aus Deutschland. Gemeinsam begannen wir im September 2019 mit der Arbeit an einer Beschwerde beim Verfassungsgericht und erhielten Unterstützung von der Deutschen Umwelthilfe, einer Organisation mit viel Erfahrung mit Klima- und Umweltklagen. Da ich selbst Juristin bin, weiß ich, wie wichtig Gesetze sind. Sie können eine starke Triebkraft für Veränderungen sein, denn Recht kann Gerechtigkeit bedeuten. In unserem Fall ging es uns um Klimagerechtigkeit.

Ich bin also losgezogen, um Geschichten von Klimaopfern in Nepal und Bangladesch zu sammeln. Sie alle leiden unter den unterschiedlichen Auswirkungen der Klimakrise. Einige von ihnen haben durch Erdrutsche, Wirbelstürme und Überschwemmungen ihre Häuser verloren und leben nun als Klimaflüchtlinge in Dhaka, der Hauptstadt von Bangladesch. Andere leben mit Trinkwasserknappheit, weil der steigende Meeresspiegel den Boden und das Wasser versalzen lässt. Dies wirkt sich auch auf die Landwirtschaft aus, so dass viele Bauern und Bäuerinnen nicht mehr von ihren Ernten leben können. All diese traumatischen Erfahrungen wirken sich natürlich auch auf die psychische Gesundheit der Klimaopfer aus ‒ es ist ein ständiger Kampf ums Überleben und um Lösungen für die Anpassung an extreme Herausforderungen und Veränderungen.

Mit all diesen Geschichten haben wir beim deutschen Verfassungsgericht eine Klage gegen die unzureichende Klimagesetzgebung des deutschen Staates eingereicht. Das war nicht einfach zu argumentieren, denn wir standen vor einem Zuordnungsproblem: Wie kann man beweisen, dass die Klimakatastrophen in Bangladesch durch das unzureichende Handeln der deutschen Regierung verursacht wurden? Es war nicht einfach, diesen Zusammenhang sichtbar zu machen.

Wir argumentierten, dass die Bundesregierung mit ihren Klimagesetzen, die das 1,5-Grad-Ziel nicht einhalten, die Grundrechte der Klimaopfer verletzt, darunter das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Im April 2021 erfuhren wir, dass unsere Klage, zusammen mit drei anderen ,Klimabeschwerden‘, erfolgreich war. Das bedeutet, dass das Verfassungsgericht entschieden hat, dass Deutschland die Menschenrechte vernachlässigt, weil es keine ausreichenden Maßnahmen gegen den Klimawandel ergreift. Die Entscheidung war ein starkes Symbol nicht nur für die deutsche Regierung, sondern auch für andere Industrieländer, die für den Großteil der weltweiten Emissionen verantwortlich sind. Ebenso wichtig war, dass sie zeigte, dass die Opfer des Klimawandels ihre Stimme erheben können, um Gerechtigkeit zu erlangen.

Doch von Klimagerechtigkeit sind wir heute noch weit entfernt. Die Verfassungsbeschwerde war ein wichtiger, aber nicht der einzige Schritt. Es ist sehr wichtig, den Geschichten der Klimaopfer weiterhin Gehör zu verschaffen. Vor allem bereits marginalisierte Gruppen der Gesellschaft, zum Beispiel Frauen und indigene Gemeinschaften, müssen eine Stimme bekommen. Ich setze meine Arbeit fort, um ihre Geschichten in Länder wie Deutschland zu bringen, wo wichtige Maßnahmen gegen den Klimawandel ergriffen werden müssen. Das ist natürlich eine Herausforderung: Es kann schwierig sein, die am stärksten betroffenen Menschen zu erreichen, weil ihnen oft die Infrastruktur fehlt. In Deutschland ist es auch für jemanden wie mich, der kein Deutsch spricht und die Verfahren nicht kennt, schwierig, sich zu organisieren und gehört zu werden. Das bedeutet, dass wir unsere Kräfte bündeln und zusammenarbeiten müssen.

Ich hatte das Glück, mit vielen inspirierenden Menschen aus Bangladesch, Deutschland und anderen Ländern zusammenzuarbeiten, auch mit sehr jungen Menschen. Ich glaube, dass wir unsere Fähigkeiten und Erfahrungen zusammenbringen müssen, um den Stimmen der Klimaopfer Gehör zu verschaffen und Klimagerechtigkeit zu fordern.“ (Yi YiPrue)

Quelle: Brot für die Welt, Global Lernen 2023-1, S.8. Online: https://www.brot-fuer-die-welt.de/fileadmin/mediapool/downloads/Bildungsmaterial/global-lernen/Global_lernen_Handabdruck/BfdW_GlobalLernen_Handabdruck.pdf



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